Ladungssicherung
Anhänger – das überschätzte Hilfsmittel
Text: Michael Girbes | Foto (Header): © Animaflora PicsStock – stock.adobe.com
Welche Regelungen gelten eigentlich für den Einsatz eines Anhängers? Welche Güter dürfen damit transportiert werden und welche Auflagen der Ladungssicherung müssen erfüllt sein? Bei Kontrollen zeige sich oft „ein Bild des Grauens“, sagt der Sachverständige Michael Girbes und gibt wichtige Tipps.
Auszug aus:
DER HAUSMEISTER
Praxis – Technik – Sicherheit – Recht
Ausgabe Mai 2025
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Nutzlast und Technisches
Welche Last kann ein Anhänger eigentlich aufnehmen? Die Antwort hängt von mehreren Faktoren ab, wie z. B. die Anzahl der Achsen sowie die Größe des Anhängers. Da viele Handwerker heute lediglich den klassischen Pkw-Führerschein (Klasse B oder BE) besitzen, dürfen sie nur Anhänger mit bestimmten Einschränkungen bewegen.
In der Regel handelt es sich dabei um Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse (zGm) von bis zu 750 kg. Diese haben typischerweise ein Eigengewicht von etwa 100 bis 200 kg. Die Nutzlast ergibt sich einfach aus der Differenz zwischen der zulässigen Gesamtmasse und dem Eigengewicht des Anhängers.
Wichtig ist hierbei auch, die Anhängelast der Anhängerkupplung des jeweiligen Pkw nicht außer Acht zu lassen. Diese maximale Anhängelast wird vom Fahrzeughersteller angegeben und darf keinesfalls überschritten werden. Die genaue Nutzlast lässt sich schnell und einfach aus der Zulassungsbescheinigung errechnen. Wichtig zu beachten ist auch, dass für Fahrzeugkombinationen mit Anhänger eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gilt.
Bis zum Jahr 2020 benötigten kleinere Anhänger keine genormten Zurrpunkte. Dadurch haben Hersteller teilweise sehr fragwürdige Konstruktionen verwendet – beispielsweise ins Holz eingeschraubte Deckenhaken als improvisierte Zurrpunkte. Seit Mai 2020 gilt jedoch für neu gebaute Anhänger (nicht die erstmalige Zulassung), dass jeder Zurrpunkt mindestens eine Kraft von 400 daN (dekaNewton) aufnehmen können muss. Das entspricht etwa 400 kg. Allerdings wird in der Ladungssicherung grundsätzlich in Kräften (daN) gerechnet, weshalb Zurrpunkte auch entsprechend gekennzeichnet sein sollten, und nicht in kg.
Für ältere Anhänger gilt hierbei ein gewisser Bestandsschutz; eine Nachrüstung ist also nicht zwingend erforderlich. Sollte dennoch einmal eine Nachrüstung nötig werden, muss diese durch eine Fachfirma erfolgen, die den fachgerechten Einbau und die Einhaltung der erforderlichen Kräfte nachweisen kann.
Nötige Fahrerlaubnis
Die nötige Fahrerlaubnis wird im Zusammenhang mit Anhängern häufig unterschätzt. Denn meistens liegt kein Lkw-Führerschein der Klassen C oder CE vor. Einige verfügen noch über die alte Führerscheinklasse 3, die heute der Klasse C1E entspricht. Damit dürfen Fahrzeuge bis zu 7,49 t zGm und in besonderen Fällen sogar Kombinationen aus Lkw und Anhänger bis zu 18 t gefahren werden.
Mit dem Führerschein der Klasse B darf generell ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 750 kg gefahren werden. In Kombination mit der Klasse BE können auch schwerere Anhänger genutzt werden, allerdings darf dabei die Gesamtmasse der Kombination aus Zugfahrzeug und Anhänger nicht mehr als 3,5 t betragen.
Wird die zulässige Gesamtmasse überschritten und besitzt der Fahrer nicht die dafür erforderliche Fahrerlaubnis, gilt dieser Tatbestand rechtlich als Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis. Ein Vergehen, das erhebliche Bußgelder und weitere Sanktionen nach sich ziehen kann.
Halter-Verantwortung
Gemäß § 31 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ist der Halter eines Anhängers dafür verantwortlich, dass dieser in einem technisch einwandfreien und verkehrssicheren Zustand ist.
Dazu gehört nicht nur die regelmäßige Vorstellung zur Hauptuntersuchung (TÜV) oder zur Sicherheitsüberprüfung. Vielmehr ist der Halter verpflichtet, regelmäßig selbst zu überprüfen, ob sich der Anhänger in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet. Hierzu empfiehlt es sich, monatlich eine dokumentierte Prüfung durchzuführen.
Da Handwerker und Hausdienstleister meist gewerblich unterwegs sind, gelten zusätzlich die Regelungen der Berufsgenossenschaften sowie weitere gesetzliche Vorschriften wie beispielsweise die Betriebssicherheitsverordnung (Betr-SichV). Auch diese fordern regelmäßige Überprüfungen des Anhängers.
Darüber hinaus ist der Halter verpflichtet, den Anhänger mit geeigneten Hilfsmitteln zur Ladungssicherung auszustatten, um dem Fahrer eine sachgerechte Sicherung der Ladung zu ermöglichen. Diese Hilfsmittel müssen ebenfalls in einem einwandfreien Zustand sein und einmal jährlich durch eine sachkundige Person geprüft und dokumentiert werden.
Ladungssicherung
Doch wie kann die Ladung auf einem Anhänger effektiv und sicher transportiert werden? Es gibt mehrere bewährte Lösungsansätze, die vor allem mit Ladungssicherungsnetzen oder Spanngurten umgesetzt werden können.
Grundsätzlich ist jeder Fahrer gem. § 22 der Straßenverkehrsordnung (StVO) dafür verantwortlich, dass die Ladung auf Fahrzeugen und Anhängern gegen Verrutschen, Kippen, Rollen, Herabfallen sowie gegen vermeidbaren Lärm gesichert ist. Diese Vorschrift gilt für alle üblichen Verkehrsbedingungen, einschließlich Vollbremsungen, plötzlichen Ausweichmanövern und schlechten Straßenverhältnissen.
Netze sind eine häufig eingesetzte Methode zur Ladungssicherung, jedoch gibt es verschiedene Arten mit unterschiedlicher Eignung. Beispielsweise werden Abdecknetze oft für Anhänger verwendet. Diese gewirkten Netze, die optisch Fischer- oder Tornetzen ähneln, sind allerdings nicht für die eigentliche Ladungssicherung zugelassen. Sie eignen sich lediglich zum Schutz leichter Materialien wie Grünschnitt, Styropor oder ähnlich leichte Güter gegen Verwehen. Auch Brennholz kann damit transportiert werden, solange die Holzscheite die Bordwand nicht überschreiten und das Netz zuverlässig gegen Herunterfallen schützt.
Übliche Güter, die auf Anhängern transportiert werden, sind sicherlich auch Besen, Schaufeln, Freischneider oder ähnliche Gerätschaften. Hier ist oft die Ladungssicherung, wenn man davon überhaupt sprechen kann, das einfache Netz, wie oben beschrieben. Doch dies ist ein Verstoß gegen die StVO und kann zu einem Bußgeld führen.
Natürlich lässt sich nicht jedes Transportgut immer perfekt sichern, jedoch muss jederzeit der Wille zur sicheren Ladungssicherung erkennbar sein. Gerade für schwer sicherbare Gegenstände empfiehlt sich das sog. Schlingenzurren. Dabei werden Werkzeuge wie Freischneider, Besen oder Schaufeln mit einem Zurrgurt zu einem festen Bündel zusammengefasst. Hierbei wird der Gurt von einer Seite aus um das Bündel herumgeführt und auf der anderen Seite wieder eingehängt. Dadurch entsteht eine kompakte Einheit, die deutlich weniger Bewegungsspielraum hat und zusätzlich unter einem Ladungssicherungsnetz optimal geschützt ist. Wenn Kleinmaterialien wie Werkzeugkisten, Hammer oder sonstige Gegenstände lose auf einem Anhänger transportiert werden, empfiehlt es sich, eine stabile Transportbox – beispielsweise eine größere Aluminiumkiste – zu sichern oder sogar fest auf dem Anhänger zu montieren. Zwar könnten die einzelnen Gegenstände innerhalb der Kiste weiterhin etwas rutschen, doch entscheidend ist hierbei, inwieweit dies tatsächlich Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hat.
Palettenware niederzurren
Größere Gegenstände wie Palettenware, die für die Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind, müssen speziell gesichert werden. Hierbei wird häufig die Methode des Niederzurrens angewendet. Beim Niederzurren gilt grundsätzlich die Faustregel: „Ein Gurt ist kein Gurt.“ Es sollten immer mindestens zwei Gurte verwendet werden. Dabei spielt die Reibung eine entscheidende Rolle, da sie bestimmt, wann sich Ladung zu bewegen beginnt.
Jede Ladung, unabhängig von ihrem Gewicht, bewegt sich beim Transport. Wird beispielsweise eine Palette mit einem Gewicht von 500 kg ohne rutschhemmende Matten aufgeladen, ist erfahrungsgemäß mit einem Reibwert von etwa μ 0,3 zu rechnen. In den Berechnungen zur Ladungssicherung sind stets Sicherheitsfaktoren berücksichtigt, zudem beeinflussen die Winkel der Zurrgurte die Sicherung ebenso stark wie die vorhandene Reibung. Auch die Vorspannkraft (STF) der Zurrgurte ist natürlich entscheidend.
Im genannten Beispiel einer 500 kg schweren Palette ergibt sich nach der Berechnung, dass mindestens zwei Zurrgurte notwendig sind. Um ein Verrutschen der Palette und der darauf befindlichen Ware effektiv zu verhindern, empfiehlt sich der Einsatz von rutschhemmenden Matten, da diese erheblich zur Verbesserung der Reibung beitragen und somit die benötigten Sicherungskräfte deutlich reduzieren.
Ist der Anhänger nicht sauber und besenrein, kann es aufgrund der schlechteren Reibung sogar erforderlich sein, vier oder mehr Zurrgurte einzusetzen, um die Ladung ausreichend zu sichern.
Größere Geräte
Beim Transport von Gerätschaften wie kleineren Baggern oder ähnlichen Maschinen ist das Niederzurren meist nicht sinnvoll. Bereits bei der Anschaffung solcher Geräte sollte darauf geachtet werden, dass ausreichend Befestigungsmöglichkeiten und geeignete Beschläge zur Anbringung von Zurrmitteln vorhanden sind. Solche Maschinen werden i. d. R. mit der Methode des Diagonalzurrens gesichert. Dabei werden vier Gurte oder Ketten – diagonal und über Kreuz angebracht, sodass das Gerät vorne und hinten in alle Richtungen gesichert ist. Damit wird verhindert, dass sich die Ladung in irgendeine Richtung bewegen kann. Wichtig hierbei ist, dass die verwendeten Zurrmittel lediglich leicht vorgespannt werden. Sie sollten nicht durchhängen, aber auch nicht mit voller Kraft gespannt sein, da die volle Wirkung der Zurrmittel erst dann zum Tragen kommt, wenn sich das Gerät beispielsweise während einer Vollbremsung tatsächlich bewegt.
Transport von Gefahrgut
Ein häufig unterschätztes Thema ist der Transport von Gefahrgut. Tatsächlich transportieren viele Handwerker regelmäßig Benzin, Akkus oder auch Gasflaschen, ohne sich bewusst zu sein, dass hierbei strenge Vorschriften gelten. Zwar sagt das Gefahrgutrecht (ADR) in seiner Einleitung, dass es nur eingeschränkt auf Handwerker anzuwenden ist, dennoch müssen die meisten Regelungen, insbesondere die klar definierten Freimengen sowie die Vorschriften zur Ladungssicherung, eingehalten werden.
Die Ladung darf sich während des Transports praktisch nicht bewegen. Daher ist es dringend zu empfehlen, Benzinkanister stets so zu sichern oder zu verstauen, dass sie nicht verrutschen können. Gleiches gilt für Koffer wie die des Akkuschraubers. Werden Akkus einzeln transportiert, müssen diese zwingend so gelagert werden, dass die Kontakte sich nicht berühren, da sonst eine Überhitzung oder sogar Brandgefahr besteht. Bei Gasflaschen ist darauf zu achten, dass – falls kein Schutzkranz vorhanden ist – während des Transports stets eine Ventilschutzkappe angebracht sein muss. Armaturen dürfen nur während der eigentlichen Nutzung aufgesetzt sein.
Schulung
Jede Person, die mit Ladungssicherung und Gefahrgut zu tun hat, muss regelmäßig entsprechend unterwiesen und geschult werden. Solche Schulungen erfolgen meist praxisnah und sind speziell auf die jeweiligen Fahrzeugarten und Tätigkeiten zugeschnitten. So weit zu den zahlreichen theoretischen Vorgaben zur Ladungssicherung und zum Umgang mit Anhängern. Selbst bei alltäglichen Anhängern gilt es, eine Vielzahl von Vorschriften und Regularien einzuhalten. Dabei bewahrheitet sich immer wieder der bekannte Grundsatz: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“
Anzahl Zurrgurte
Zur genauen Ermittlung, wie viele Gurte tatsächlich benötigt werden, können praktische Hilfsmittel wie spezielle Apps verwendet werden. Solche Apps, insbesondere von namhaften Herstellern, stehen in den gängigen App-Stores meist kostenfrei zur Verfügung.
Der Autor
Michael Girbes aus Alpen ist Moderator, Berater und Sachverständiger für Ladungssicherung sowie Gefahrgutbeauftragter. Darüber hinaus engagiert er sich aktiv in mehreren Richtlinienausschüssen zum Thema Ladungssicherung.