Verkehrssicherungspflichten

Winterdienst: Richtig umsetzen

Text: Uwe Czier | Foto (Header): © benjaminnolte – stock.adobe.com

Auch der Winterdienst, die Streu- und Räumpflicht, gehört zu den Verkehrssicherungspflichten. Das richtige Vorgehen ist wichtig, damit es nicht zu Personen- und Sachschäden kommt, für die der Hausmeister zur Verantwortung gezogen werden kann.

Auszug aus:

DER HAUSMEISTER
Praxis – Technik – Sicherheit – Recht
Ausgabe November 2020
Jetzt Leser werden

Wer der Allgemeinheit oder einem bestimmten Personenkreis einen Ort zugänglich macht, hat den Ort vor der Freigabe ausreichend gegen Gefahrenquellen für die Besucher oder Nutzer abzusichern (Verkehrssicherungspflicht). Zuständig für die Verkehrssicherungspflichten sind grundsätzlich der Eigentümer, der Betreiber oder der Verfügungsberechtigte des Ortes oder der Einrichtung, der eine Gefahrenquelle geschaffen hat. In der Regel wird die Verkehrssicherungspflicht Mitarbeitern übertragen.

Eine zentrale Rolle spielt dabei der Hausmeister, dem die Ausführung der Verkehrssicherungspflichten i. d. R. entweder als Arbeitnehmer oder Auftragnehmer im Rahmen eines Dienstleistungsverhältnisses zu großen Teilen vertraglich übertragen wird. Die Aufgaben des Arbeitgebers oder Auftraggebers beschränken sich damit „nur“ darauf, die ordnungsgemäße und rechtzeitige Durchführung der notwendigen Arbeiten zu überwachen und zu beaufsichtigen, wobei Stichproben genügen, wenn der Arbeitgeber oder Auftraggeber aufgrund bisheriger Erfahrungen von der Zuverlässigkeit „seines“ Hausmeisters ausgehen kann. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass der Hausmeister bei Verletzungen der Verkehrssicherungspflichten häufig ganz oder teilweise für Schäden haftet, die Dritten dadurch entstehen.

Zumindest kann sein Arbeitgeber oder Auftraggeber Ersatz für den Schadenersatz fordern, den er selbst gegenüber Geschädigten bei Verletzungen der Verkehrssicherungspflichten leisten musste.

Was sind Verkehrssicherungspflichten?

Dabei sind die Verkehrssicherungspflichten sehr umfangreich, da grundsätzlich von allen Teilen von Gebäuden, Wegen oder Einrichtungen Gefahren ausgehen können, wenn diese beschädigt sind oder nicht ordnungsgemäß betrieben werden.

Maßnahmen des Hausmeisters, um die Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen, sind dabei:

  • Überprüfung und Kontrolle, insb. im Hinblick auf Funktionsfähigkeit und Schäden
  • Absicherung von Schadenstellen, z. B. durch Stilllegung, Absperrung oder Beschilderung
  • Beseitigung von kleineren Schäden, für die kein Fachbetrieb erforderlich ist
  • Weitermeldung von Schäden an die zuständige Stelle, soweit der Hausmeister nicht selbst für die Beauftragung von Fachbetrieben zuständig ist
  • Bevorratung und rechtzeitige (Ersatz-) Beschaffung von Sach-und Betriebsmitteln, die für Maßnahmen zur Verkehrssicherung erforderlich sind, z. B. Leuchtmittel oder Streumittel für den Winterdienst
  • Organisation bzw. Durchführung von Wartung und Pflege von Geräten und Werkzeugen, die für Maßnahmen zur Verkehrssicherung notwendig sind
  • Fortschreibung von Planungen für die Durchführung von Maßnahmen zur Verkehrssicherung, insb. der Einsatzplanungen für den Winterdienst. Soweit hierfür der Hausmeister nicht zuständig ist, sollte er die rechtzeitige Planung ggf. einfordern.

Für den Hausmeister ist es wichtig, dass er darauf achtet, dass seine Aufgabenbeschreibung die genauen Tätigkeiten umfasst, für die er zuständig ist. Schon allein aus Haftungsgründen muss ein Hausmeister darauf achten, dass er auch nicht durch Einzelanweisungen zu Aufgaben herangezogen wird, für die er nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügt. Bei anderen Aufgaben, die über seine Aufgabenbeschreibung hinausgehen, sollte er ohne schriftliche Auftragsbestätigung nur tätig werden, wenn die Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist und im unmittelbaren Zusammenhang mit einer in der Aufgabenbeschreibung enthaltenen Tätigkeit steht. Sonst setzt sich der Hausmeister einem für ihn nur schwer oder nicht kalkulierbaren Haftungsrisiko aus, weil ihm unterstellt werden kann, er habe „eigenmächtig“ gehandelt.

Daneben kommt dem Hausmeister noch die Aufgabe zu, offensichtliche Mängel, die einer näheren Untersuchung bedürfen, an die zuständige (Verwaltungs-) Stelle zu melden, z. B. absturzgefährdete Bäume, Mauerrisse und andere für jedermann erkennbare Bauschäden.

Verletzung der Pflichten

Da Verletzungen der Verkehrssicherungspflichten i. d. R. Schadenersatzforderungen und ggf. auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, muss der Hausmeister darauf achten, dass die ordnungsgemäße Erledigung seiner Aufgaben auch dokumentiert und nachvollziehbar festgehalten wird.

Dabei empfiehlt es sich, für Aufgaben, die regelmäßig auftreten, eine Liste zu führen, in der das Ausführungsdatum der Arbeiten vermerkt und durch den Hausmeister bestätigt wird. In einem festgelegten Rhythmus wird die Liste dann der verantwortlichen Stelle zur Bestätigung vorgelegt, womit der Hausmeister jederzeit beweisen kann, dass eventuelle Pflichtverletzungen nicht durch ihn verursacht worden sind.

Winterdienst

Die praktische Umsetzung dieses Vorgehens lässt sich am Beispiel des Winterdienstes verdeutlichen. Schließlich gehört der Winterdienst zu den unverzichtbaren Aufgaben des Hausmeisters, selbst dann, wenn der Winterdienst einer externen Firma übertragen wurde und der Hausmeister „nur“ deren Arbeit überprüfen oder zumindest dafür sorgen muss, dass die notwendigen Ressourcen, also Arbeits- und Streumittel, zugänglich sind.

Winterdienstplanung
Am Beispiel des Winterdienstes lässt sich zeigen, dass Verkehrssicherungspflicht keine Momentaufgabe ist, sondern häufig einer umfassenden Vorplanung bedarf, etwa in Form einer Bedarfsplanung für Streumittel, der Personalplanung, die bei gemeindeeigenen Flächen i. d. R. Absprachen mit dem Bauhof, bei privaten Wirtschaftsflächen oft die Beauftragung einer externen Firma umfasst, und in Form einer Prioritätsplanung, welche Flächen in welcher Reihenfolge zu reinigen und zu streuen sind.

Die Zuständigkeiten des Hausmeisters reichen dabei von der Beschaffung und Überwachung des Lagerbestands an Verbrauchsmitteln über die eigenständige Durchführung des Winterdienstes bis hin zur Beaufsichtigung der ordnungsgemäßen Erledigung der Arbeiten durch Dritte. Welche Aufgaben der Hausmeister genau wahrzunehmen hat, muss sich aus der Winterdienstplanung ergeben, wobei der Hausmeister schon allein aus Gründen der Rechtssicherheit und Haftungsbegrenzung auf einer genauen Regelung bestehen muss. Auch sollte der Hausmeister alle übertragenen Aufgaben darauf überprüfen, ob

  • er sie in der zur Verfügung stehenden Zeit erledigen kann
  • ob die technischen Einrichtungen und Verbrauchsmittel, insb. Streumittel, zur Aufgabenerledigung rechtzeitig zur Verfügung stehen und
  • ob ein Hausmeister in der Lage ist, die Aufgabe auch unter Berücksichtigung der Gefährdungslage, die sich aus der Aufgabenstellung ergibt, sachgerecht zu erledigen.

So sollte es der Hausmeister grundsätzlich ablehnen, Schnee von Dächern zu räumen, bei Flachdächern zumindest so lange, bis die ausreichende Tragfähigkeit des Daches nachgewiesen ist.

Vorrat an Verbrauchsmitteln und Wartung von Geräten und Maschinen
Volle Lager mit Streumitteln und die frühzeitige Wartung von Geräten und Maschinen, die im Rahmen des Winterdienstes Verwendung finden, fallen i. d. R. in die Verantwortung des Hausmeisters. Er sollte auf jeden Fall Mängel an Geräten und Maschinen, die er nach der Wintersaison feststellt, unmittelbar an die zuständige Stelle melden und dabei auch auf notwendige Ersatzbeschaffungen hinweisen.

Dabei ist die Dokumentation wichtig, weil sonst nicht nachgewiesen werden kann, dass der Hausmeister seine Aufgaben frühzeitig erledigt hat. Dies ist auch deshalb wichtig, weil zumindest im Bereich der öffentlichen Verwaltung für bestimmte Beschaffungen in regelmäßigen Abständen eine öffentliche Ausschreibung stattfinden muss.

Es ist nicht Aufgabe des Hausmeisters, Art und Umfang des Winterdienstes festzulegen. Die dazu notwendigen Rahmenentscheidungen muss der Grundstückseigentümer treffen. Insoweit ist es aus Sicht des Hausmeisters wichtig, dass er entsprechende eindeutige und nachvollziehbare Vorgaben erhält und ggf. auch einfordern muss. Hintergrund ist, wie bei Verkehrssicherungspflichten so oft, dass dadurch das Haftungsrisiko für den Hausmeister vermindert oder ausgeschlossen wird.

Schadenbeseitigung
Stellt der Hausmeister beim Winterdienst Schäden z. B. im Belag fest, ist es zunächst seine Aufgabe, die Stelle ausreichend zu kennzeichnen oder abzusperren und danach den Schaden umgehend zu melden, soweit er ihn nicht mit einfachen Mitteln selbst beseitigen kann. Selbst in diesen Fällen sollte der Hausmeister jedoch erst das Einverständnis des Grundstückseigentümers einholen, um sich gegenüber möglichen Haftungsansprüchen abzusichern.

Wichtig ist auch, dass gerade im Winterhalbjahr die Beleuchtungseinrichtungen regelmäßig kontrolliert und bei Beschädigungen oder Ausfall unverzüglich instand gesetzt werden. Soweit dies nicht durch den einfachen Austausch von Leuchtmitteln geschehen kann, z. B. bei Lampen, die nur mit einer Hebebühne oder einem Hubsteiger erreichbar sind, müssen Schäden unverzüglich an die zuständige Stelle gemeldet und die Dringlichkeit der Schadenbeseitigung betont werden.

Unterweisung
Aus Arbeitsschutzsicht dürfen gerade Arbeiten im Bereich der Verkehrssicherungspflichten nur durchgeführt werden, wenn vorher die gesetzlich vorgeschriebene Unterweisung erfolgt ist, weil diese Arbeiten i. d. R. selbst wieder mit Gefährdungen verbunden sind.

Für den Hausmeister heißt dies, dass er derartige Arbeiten erst durchführen sollte und durchführen darf, wenn die notwendige Unterweisung erfolgt ist. Soweit ihm die Aufgabe übertragen wurde, Fremdkräfte einzuweisen, bedeutet dies i. d. R. auch, dass er die notwendige Unterweisung vornehmen muss. Dabei sollte er immer darauf bestehen, dass

  • ihm die notwendigen Unterweisungsunterlagen zur Verfügung gestellt werden und
  • sich seine Zuständigkeit nur auf die Unterweisungen bezieht, die er fachlich auch leisten kann.

Unterweisungen im Umgang mit Maschinen, die Fremdkräften zur Verfügung gestellt werden, muss in jedem Fall der Grundstückseigentümer organisieren.

Der Autor

Uwe Czier ist bei der Stadtverwaltung Stuttgart in unterschiedlichen Funktionen in den Bereichen Öffentliche Sicherheit, Straßenrecht und allgemeine Verwaltung tätig. Er arbeitet nebenberuflich in der Erwachsenenbildung und im Bereich Journalismus.

JETZT ABONNENT WERDEN UND KEINE AUSGABE VERPASSEN:

Der Hausmeister

Die Fachzeitschrift für den Hausmeister